Es gab in Grötzingen, südlich und östlich des Naturfreundehauses einen Truppenübungsplatz, jedenfalls nannte man das so. M.E. vornehmlich von französischen und /oder amerikanischen (?) Einheiten genutzt. Vermutlich daher wurde Anfang der 60er die Reithohl und der lange Weg , welcher von dort zum Naturfreundehaus führt, außergewöhnlich solide und irrsinnig teuer sehr fest gepflastert: Ich erinnere mich an Militärfahrzeuge, die den Berg mit schwerem Gerät heraufkrochen, die Straße musste stabil ausgeführt sein. Bis dahin war sie im oberen Teil noch eine Lehmhohle!
Das Gelände bestand aus einer riesigen Magerrasen-Fläche, in welcher etliche Unterstände,
sauber in Holz unter der Erde geschalt, verbaut waren.
Lange Gänge mit veritablen Räumen links und rechts unter der Erde und einige überirdische Aufwallungen.
Nach den Übungen rückte alles wieder ab, ständige Einrichtungen gab es außer diesen Einrichtungen keine.
Unterhalb der Naturfreunde, also südlich, wird das Gelände umfänglich in seiner Topografie verändert:
Wir nannten es die Panzerstufen, vier oder fünf riesige treppenartig den Hang hinunter gegrabene Stufen im festen Kraichgaulöss.
Hier dröhnten die Panzer (oder waren es (nur) Schützenwagen? ) abenteuerlich das Gelände auf und ab.
Die Geländestruktur kann heute noch mühelos erkannt werden.
Auch eine dortige Hohle ist wohl gar keine in ihrem Sinne, sondern damals künstlich angelegt?
Nach Beendigung der jeweiligen Übungen blieb wie gesagt nichts zurück.
Regelmäßig erschien ein Schäfer mit riesiger Herde, die das Gelände für den nächsten, etwa jährlichen Einsatz, freihielt.
Für uns Buben war es ein Eldorado: Heute undenkbar, sammelten wir mit großer Leidenschaft tausende von leeren Übungspatronen, oftmals auch noch auf MG-Gurte montiert, u.a. sog. Knaller. Häufig hatten wir das Glück noch scharfe Übungsmunition zu finden. Sie mögen sich vorstellen was Jungs mit guten Schutzengeln damit alles anfangen konnten.
Das alles muss Ende der 50er, ganz wenig noch in den 60ern gewesen sein.
Heute findet sich nirgends mehr ein Hinweise darauf: Durch die damalige relative Abgeschiedenheit geschah das alles auch etwas verborgen,
trotz der Bewegungen.
Dies waren aber sicher kein großen Kampfeinheiten oder gar Bataillone, sondern militärisch gesehen kleinere Eingreiftrupps.
Heute erkläre ich mir das alles so: Östlich des Platzes gab es ein sehr streng gesichertes Areal, heftig gesichert und geheimnisumwoben. Niemand wusste was und wie, in meiner Erinnerung wollte das auch keiner so recht. Rückblickend folgende vermutete Sicht: Eine Kernzelle des heutigen, riesigen Fraunhofer-Institutes war ehedem ein geschlossener Zirkel: Irgendeine Gesellschaft zur Erforschung von Explosiv- und Antriebstoffen oder so ähnlich. Es gab dort neben den Hallen und Gebäuden einige offene Erd/Betonbunker. In jenen hingen ab und an offensichtlich Triebwerke in Gestellen. Wenn man Glück und Mut hatte, konnte man von jenseits der hohen Zäune beobachten, wie unter Versuchsbedingungen diese Turbinen mit ohrenbetäubendem Fauchen ihre ganze Potenz in die Strahlgrube jagten. Ansonsten waren oft heftige, laute Explosionen zu vernehmen.
Kurzum: Anzunehmen ist, auch weil man heute so gar nichts mehr darüber findet: Es ging in Zeiten des kalten Krieges in Grötzingen wohl um hochwertige Rüstungsforschung, evtl. nicht ganz zufällig in der Nähe der technischen Uni Karlsruhe, der Forschungsgesellschaften in Eggenstein und am ehemaligen Standort der Waffenfabrik IWKA ? Vermutlich war der anliegende Platz auch kein Truppenübungsplatz, sondern am Ende ein militärisches Aufmarschgebiet oder Übungsgelände für den Not- oder Kriegsfall an dieser durchaus neuralgischen Stelle. Er verschwand folglich auch mit der Umstrukturierung der Einrichtung zur friedlichen FHG.
Alles nur Vermutungen, aber ganz sicher der Nachforschung wert. Auch diese Anlage gehört zu unserer Grötzinger Geschichte.
(c) Hans Ritzel, Karlsruhe, 08.12.2019