geboren am 18. Juni 1941 in der Landesfrauenklinik in Karlsruhe.
Meine Eltern waren beide 21 Jahre alt, als sie 1940 heirateten; sie bekamen in der Kaiserstraße 86 in Grötzingen eine Dachgeschosswohnung zur Miete.
Der Kniestock der Wohnung war ca 30 cm hoch, d.h. die Dachschräge reichte beinahe bis zum Boden. Die Wohnung hatte ein Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche und WC bei einer Größe von ca 45 qm.
Mein Schlafbereich war bis zu meinem 14ten Lebensjahr in einer Ecke in der Küche, danach bekamen wir noch eine Kammer im restlichen Speicherbeich des Hauses dazu, welches zu meiner Schlafkammer ausgebaut wurde, das waren ca 8 qm.
Mein Vater ist 1944 im Krieg in Litauen gefallen. Auch zwei Brüder meiner Mutter (Erwin und Egon Waltz) kamen nicht mehr aus dem Krieg zurück.
Mein Vater lernte Bäcker und Konditor und war bis zu seiner Einberufung zum Militär in der Bäckerei und Konditorei F. Demmer in Durlach beschäftigt. Seine Planungen waren, sich nach dem Krieg selbständig zu machen. Meine Mutter war bis zu meiner Geburt als Arbeiterin in der Patron (IWK) tätig.
Die Mutter und sechs weitere Geschwister meines Vaters wohnten in Karlsruhe in der Markgrafenstraße.
Meine Großeltern mütterlicherseits (Lina und Johann Waltz) sowie zwei jüngere Geschwister meiner Mutter wohnten bis zum großen Angriff 1944 auf Grötzingen im Wohngebäude des Gasthauses Bären, das auch dem Angriff zum Opfer fiel. Sie wurden ausgebombt, da das Haus völlig niederbrannte.
Meine Großeltern hatten insgesamt acht Kinder. Drei Mädchen brachte mein Großvater aus der ersten Ehe mit. Die erste Ehefrau meines Großvaters starb bei der Geburt des dritten Kindes. Diese drei Töchterzogen aber schon 1940 weg und verheirateten sich in Weingarten und Friedrichstal.
Nachdem die Großeltern ausgebombt waren bekamen sie eine ca 50 qm große Dachgeschoss-Wohnung in der Wilhelmstraße. Mein Großvater starb 1948 im Alter von 78 Jahren.
Der Vater meines Großvaters Johann Waltz war von 1889 bis 1898 Ratsschreiber; sein Großvater Johann Waltz war 1849 kurzzeitig Bürgermeister in Grötzingen. Ein Cousin meines Großvaters August Waltz war der Schwiegersohn des Gründers des Eisenwerkes Karl Fießler.
Meine Großeltern hatten zwei Äcker und einen kleinen Weinberg, die aber in den Kriegsjahren so gut wie gar nicht bewirtschaftet wurden. Dafür sorgten während des Krieges die Tiefflieger. Erst nach dem Krieg war dann der Rest der Familie (Oma, Tante, Onkel, Mutter) bemüht, den Ackerbau zur Selbstversorgung wieder aufzunehmen.
Nach dem Krieg arbeitete meine Mutter bei der Firma Tonfunk (Hersteller von Radios) in Karlsruhe. Mich brachte sie am Morgen in den Kindergarten in der Pfinzstraße. Später als ich zur Schule ging war ich am Nachmittag bei meiner Oma in der Wilhelmstraße.
1952 heiratete meine Mutter wieder; es war ein Soldat, der spät aus der französischen Gefangenschaft kam; geboren war er in Schlesien; da es seine Familie dort nicht mehr gab, kam er irgendwie nach Grötzingen.
In der Zeit nach 1950 ging ich nach der Schule um 12 Uhr wie andere meiner Schulkameraden auch in das Gasthaus Pfinzgauperle zum Mittag essen. Später als meine Mutter wieder verheiratet war und beide arbeiten gingen holten wir uns abends das Essen vom Gasthaus Kaiserhof nach Hause, da beide erste nach 18:30 Uhr von der Arbeit kamen und so die Zeit zum Einkaufen und Kochen zu knapp war.
Für den Einkauf des täglichen Bedarfs gingen wir zum Lebensmittel-Laden Bartels in der Kaiserstraße 79 (ehemals Hofmann) oder zum Konsum, wenn es größere Dinge zum Einkaufen gab. Bei Elektroangelegenheiten gingen wir zum Kirschbaum in der Kaiserstraße 83, zum Schuhmacher Zick in der Kaiserstraße 77, wenn etwas mit den Schuhen nicht in Ordnung war; Drogerie Ott in der Kaiserstraße 67; Blumen, Obst und Gemüse holten wir in der Gärtnerei Borlinghaus, Petzold (oder auf dem Acker meiner Oma); Milch und Käse gab es in der Kaiserstraße 69.
Es gab einige kleine Ein-Mann-Geschäfte ohne großartige Ldeneingänge, wie Schneiderien, Metzgereifilialen, Milchgeschäfte und andere, bei denen der Verkauf oft in einem leerstetenden Zimmer der Wohnung oder in einem Raum eines Nebengebäudes im Hinterhof stattfand.
Nach Karlsruhe ging man zum Einkaufen, wenn man etwas zum Anziehen brauchte oder etwas spezielles für den Haushalt. Nach Durlach ging man zur Werkzeug- und Eisenwaren-Handlung Melang und am Wochenende zur Unterhaltung ins Kino oder in Lokale, so etwa ins Gasthaus Blume zum Tanzen.
Für den Wiederaufbau wurden in Handwerksberufen viele Männer gesucht; so fand auch mein Stiefvater, der eigentlich Schneider war, eine bessere Verdienstmöglichkeit. Viele Frauen wurden für besondere Tätigkeiten (Lötarbeiten etc) bei Rundfunkempfänger-Betrieben in Durlach und Karlsruhe gesucht.
Ich kann mich noch gut an die Heimarbeiten erinnern, die viele Leute zwischen 1948 und 1965 machten. Auch in unserer Familie wurden solche Arbeiten (Waschpulver verpacken, Zahnpasta-Tubendeckel aufschrauben, Löten für Radioteile) gemacht. Beim Verpacken des Waschpulvers und dem Aufschrauben der Zahnpasta-Tubendeckel musste auch ich mithelfen
Ich ging acht Jahre in die Volksschule Grötzingen in eine Klasse mit 38 Schülerinnen und Schüler. Es gab im gleichen Schuljahr noch eine Parallelklasse mit weiteren 38 Schülern. Nach der vierten Klasse gingen drei meiner Klassenkameraden nach Durlach in das Gymnasium; einer schaffte es nicht und ging kurz darauf in die Realschule. So sah es damals auch in den anderen Schulklassen aus; nur eine kleiner Teil konnte damals aufs Gymnasium gehen. Meine Eltern hatten kein Geld um mich aufs Gymnasium gehen zu lassen; außerdem hatte ich auch nicht die Noten dazu. Meine Mutter war berufstätig und auch meine Oma hatte keine Zeit, um mit mir in den Jahren meiner Schulzeit zu lernen. So machte ich meine Hausaufgaben wie und wann es mir passte. In der achten Klasse gingen vier Fünftel der Klasse 14 Tage in den Schwarzwald zum Schifahren (von der Schule organisiert). Meine Eltern hatten hierfür kein Geld; so musste ich wie auch einige andere Mitschüler in dieser Zeit die Schule besuchen.
Ich bin evangelisch getauft. Der Religionsunterricht war zu der Zeit noch recht streng und eine gute Benotung wichtig, damit die Konfirmation nicht in Frage gestellt werden musste.
Da meine Eltern ein Haus bauen wollten und ich auch so bald wie möglich Geld dazu verdienen wollte, lernte ich Fliesenleger. Verschiedene meiner Schulkameraden lernten auch einen Bauberuf, da hier, bedingt durch den Wiederaufbau, eine große Nachfrage bestand. Andere lernten bei Erich Herrmann, Chlorator, Petunia in Grötzingen und viele bei Sebold, Gritzner und Ritter AG in Durlach oder in der IWK in Karlsruhe. Die Mädchen bekamen in diesen Firmen meistens auch eine entsprechende Ausbildung in Bürotätigkeiten.
Mit 33 Jahren holte ich auf dem zweiten Bildungsweg die mittlere Reife nach und studierte Bautechnik; darnach war ich 25 Jahre beim Hochbauamt in Durlach als stellvertretender Bezirksstellenleiter in der Bauunterhaltung städtischer Gebäude tätig.
In meiner Jugendzeit gab es in Grötzingen drei große Sportvereine: den TSV, VfB und die Atleten. Meine sportlichen Aktivitäten waren beim TSV; hier spielte ich Handball, hier war mein zweites Zuhause mit dem Freunden beim Sport, Karten spielen und Fernsehen schauen.
Musikalisch betätigte ich mich eine Zeitlang mit dem Spielen der Mandoline und der Gitarre.
(c) Harld Schwer, Grötzingen, Sept. 2018