Gedicht von Siegfried Sand vom 12.12.2012.
Es beschreibt den Wandel des Ortes seit 1952.
Jetzt wo man unsere alten Maler wieder entdeckt,
mancher Bürger in Grötzingen wird aufgeweckt.
Er sucht vergebens nach den Spuren jener Zeit,
was noch vor kurzem Gegenwart ist längst Vergangenheit.
Wo sind sie geblieben,
die schönen Straßen unserer Lieben,
die stillen Plätze, Winkel und Idylle,
vergessen, verbaut, beraubt ihrer Hülle.
Das fängt schon in der Mühlstraße an,
da ist nichts mehr malerisches dran.
Die Bänke vor den Häusern fehlen,
wo sich die Alten sonntags was erzählten.
Die alte Mühle und die Eisenbrücke sind fort,
steht denn die Kirch und das Schloss noch am alten Ort ?
Und dann die Staigstraße !
Was haben sie dem Krapphaus angetan, es ist fort.
Gebaut wurden 08/15 Häuser an diesem Ort.
Man hat die Schule zwischen den alten Friedhof gezwängt.
Seitdem fühlt sich auch der Pfarrer eingeengt.
Wo bleiben denn da noch Ruhe und Stille ?
Um unsere Kirche nur noch Gebrülle.
In der Kampmannstraße oh Graus,
da schauen nur noch Betonklötze heraus.
Auch die Reithohl blieb nicht verschont
und die Hattenkettenhohl ist auch schon bewohnt.
Wo bleibt der Frosch im Wasserloch zu dem man Beigraben sagt,
der oft gequakt und uns das Wetter gesagt.
In der Löwenstraße, da wurden alte Häuser und das Sandsteindenkmal abgerissen.
Sie bauten Häuser drauf, die sehen aus wie besch...
In der Bismarckstraße stand der Füssler und das Wohfahrt-Haus,
für diese schönen Häuser kam auch das Aus.
Aber dort steht heute das Begegnungszentrum in jedem Falle,
fast so groß wie die Schwarzwaldhalle.
Es fehlen an der Pfinz das Wehr, die malerischen Brücken.
Das Mühlrad geht auch nicht mehr, es entstanden große Lücken.
Statt dessen steht nach neuem Sinn
in der Mühle die Sparkasse und Gewerbe drin.
Durchs Gässle wars ein schöner Blick.
Erhalten blieben nur die Häuser rechts, welch ein Glück.
Noch immer schön anzusehen sind die Stangen,
oder müssen wir auch um diese bangen ?
Das Rathaus steht im neuen Putz, was nutzs.
Die Hochäuser, die heut das Ortsbild prägen,
verwehren den freien Blick auf Hänge und Reben.
Und die alten Gasthäuser, geschlossen oder abgerissen,
Götzstüble, Götzbi, Bären, Kanne, Sonne, Engel, Laub, Ochsen,
Musselmann, Krone, Lamm, Adler, Pfinzgauperle,
alter und neuer Badischer Hof, Luisenhof, Klügel, Schlosskeller, Sterne,
Löwen und der Bahnhof. Der Grollenberg zu
Das ist besch...
Im Engel, wo man einst die Speisen bezeichnet als lecker,
steht heut eine Bank und einst der Drogeriemarkt Schlecker.
Früher hatten wir 24 Gaststätten und 3 Clubgaststätten,
heute wären wir froh, wenn wir die Hälfte davon hätten.
Am Kerve-Sonntag kamen sie aus allen Richtungen gelaufen,
um in diesen Kneipen ein Viertele oder einige Biere zu trinken.
Wir hatten auch 14 Bäckereien; sie backten Brot, Brezeln, Semmeln und guten Kuchen.
Sie sind verschwunden und die Kunden müssen in den Supermärkten die Regale absuchen.
Und wo kann man heute noch Kartoffeln kaufen ?
Man muss zum Lidl, Edeka oder Raiffeisen laufen.
Metzgereien waren es sechs; sie schlachteten Kälber, Rinder,
Bullen, Sauen und auch Ziegen.
Zwei sind noch geblieben; die sorgen dafür, dass die Kunden
Fleisch und Wurst in den Kühlschrank kriegen.
Als man auf der Oberaubrücke eine Statue aufgestellt
glaubte man, es sei ein Spuk,
aber es war der böhmische Brückenheilige Nepomuk.
Der Schmied Füssler, der Erich Herrmann, die IWK, die Chlorator
und die Petunia, der ganze Stolz im Ort,
sind heute von Grötzingen fort.
284 Landwirte, Handwerker, Betriebe und Geschäfte sind in Grötzingen verschwunden.
Sie alle hatten in Grötzingen viele Kunden.
Die Mercedes-Benz Leute sind vergebens ins Rathaus gelaufen,
denn sie wollten den Pfinzhof kaufen.
Aber im Rathaus fanden sie nur taube Ohren,
dadurch hat man auch das Daimler-Werk, das heute in Wörth steht, verloren.
Im Begenungszentrum haben sie den Aufzug vergessen, die Schlauen,
den könnte man doch während der Bauzeit einbauen.
So gingen im Rathaus die Gedanken hin und her,
schnellstens muss ein Aufzug her.
Bis der Aufzug gebaut wurde ging es sehr lange,
und den Bürgern wurde es schon bange,
dass vielleicht nach sehr langer, langer Zeit
der Aufzug noch immer nicht betriebsbereit.
Ein Backhaus hat man gebaut, klein aber kompakt,
man sieht öfters eine Frau, die dort Brot und Kuchen backt.
Die Pfinz hat man verdohlt auf Dauer.
Gott sei Dank steht noch das Haus Sinauer.
284 Bauern, Geschäfte und Betriebe sind verschwunden,
sie alle hatten in Grötzingen viele Kunden.
Soll ich Euch die Bauern, Geschäfte, Betriebe vorlesen ?
Es dauert 1 1/2 Minuten.
(es folgt eine lange Liste.
Im Kapitel "Statistiken" sind die entsprechenden Daten
nach den
Branchenverzeichnissen aus den Adressbüchern aufgeführt)
Liste der Gaststätten
Liste der 30 Brücken über die Pfinz und den Beigraben
Liste der 9 Brücken über die Bahn
Liste der 7 sonstigen Brücken.
Heute stehen Indianer, Engel und Skulpturen an vielen Orten.
Beschreiben kann man diese nicht mit Worten.
Wenn das so weitergeht, oh Gott, oh Graus,
wie sieht dann Grötzingen in 50 Jahren aus ?
Heut steht kein Maler mehr mit Pinsel und Staffelei
in Grötzingens Straßen; das ist längst vorbei.
So - liebe Gäste und Stammtischbrüder, ihr lieben Leit,
das ist halt der Zahn der Zeit.