Geschichtswerkstatt

Grötzingen

Wirtschafts- und Sozialgeschichte

Arbeitskreis des Heimatfreunde Grötzingen


Landwirtschaft


Was wird aus dem Grötzinger Wiesengelände ?
Enormer Rückgang der landwirtschaftstreibenden Bevölkerung

Vortrag vom 30.10.1952

Bericht Frau Charlotte Ebendt
Quelle : Badische Allgemeine Zeitung Karlsruhe

Bei der am Donnerstag, den 30.10. stattgefundenen öffentlichen Gemeinderatssitzung konnte Bürgermeister Arheit Regierungs-Landwirtschafts-Rat Noe, Augustenberg, und Baurat Wittner sowie Regierungs-Bau-Inspektor Kleinhans begrüßen. Alle drei Herren nahmen zu dem brennenden Problem: Instandsetzung des Weidgrabens - Vorflutbeschaffung - Entwässerung der Wiesen, eingehend Stellung.

Zu Beginn seiner Ausführungen streifte Regierungs-Landwirtschafts-Rat Noe zunächst die derzeitigen Mißstände in der Landwirtschaft. Von der 1154 ha umfassenden Gesamtfläche der Gemeinde Grötzingen werden heute ca 500 ha landwirtschaftlich genutzt. Wenn man in Erwägung zieht, dass sich das Bundesgebiet nur zu 60-66 Prozent selbst ernähren kann, so gibt diese Flächennutzung sehr zu denken. Der Zahl von 88 Landwirten und 216 weiblichen Personen der Landwirtschaft stehen in Grötzingen 1065 männliche und 301 weibliche Einwohner gegenüber, die in der Industrie tätig sind. Der Rückgang der Landwirtschaft macht sich krass im derzeitigen Viehbestand bemerkbar. Für 99 Stück Rindvieh stehen ca. 154 ha Wiesen zur Verfügung, während vor fünf Jahren der doppelte Viehbestand zu verzeichnen war. Ermittlungen ergaben, dass nur ein kleiner Teil der Jugend hauptberuflich in der Landwirtschaft tätig ist. Somit ist im Laufe der Jahre damit zu rechnen, dass ein weiterer Rückgang in diesem Berufszweig eintritt.

In den Brühl- und Abstwiesen, Bennenau und Käserben hat die hiesige Gemeinde ein Stück Land, das aber infolge des undurchlässigen Lettenbodens nicht genutzt werden kann. Im Frühjahr und bei starken Regenfällen sind große Flächen überflutet.

Nach vielen Besprechungen ist es gelungen, das technische Landesamt Stuttgart zu veranlassen, dass ein Abschnitt des Weidgrabens entlang der Autobahn hergestellt wird. Diese Arbeiten sollen soweit vorangetrieben werden, dass die Voraussetzung einer Vorflutbeschaffung gegeben ist. Die Maßnahme bedingt aber, dass alle in den Weidgraben einmündenden Zubringergräben ebenfalls instandgesetzt werden. Regierungsrat Noe sieht darin die einzige Möglichkeit, die große Fläche nutzbar zu machen. Der Redner schlägt vor, danach für zwei bis drei Jahre die Bebauung unter eine Verwaltung zu geben und nach diesem Zeitpunkt für Junglandwirte eine Existenz zu schaffen, indem ca 15-20 Bauernhöfe erstellt werden. Nur durch eine intensive Bearbeitung und die Entwässerung des Geländes sei die Voraussetzung für einen Erfolg gegeben.

Zu demselben Problem nahmen Baurat Wittner und Regierungs-Bau-Inspektor Kleinhans vom Wasserwirtschaftsamt Stellung. Als Lösung schlugen die Herren vor, die Hauptgräben zu vertiefen und die zahlreich vorhandenen Erdmulden durch Stichgräben mit den Hauptgräben zu verbinden. Soll das Gelände für Ackerland genutzt werden, so müsse allerdings ein Umbruch vorgenommen werden. Letzteres Projekt würde einen Kostenaufwand von ca. 75 000 DM erfordern, könnte aber in verschiedenen Abschnitten hergestellt werden. Ausschlaggebend für die Gemeinde wird einzig und allein die Beschaffung der Mittel sein. Bürgermeister und Gemeinderat wollen zusammen mit Landwirtschaftsrat Noe und den Herren vom Wasserwirtschaftsamt - auch das Domänenamt soll dazu eingeladen werden - an Ort und Stelle eine Besichtigung vornehmen.

Anmerkung Horn
Nach Ausbau des Wassernetzes und des Viehweges mit Hilfe des "Grünen Plans" wurden 1954 4 Bauernhöfe mit je 12-15 ha erstellt, zu denen 1956 2 weitere und 1958 ein siebter kam.
(Susanne Asche - Grötzingen - Seite 281)


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zuletzt bearbeitet am 01.02.2019
von Klaus Horn, EMail = k-r-horn BEI t-online.de