Geschichtswerkstatt

Grötzingen

Wirtschafts- und Sozialgeschichte

Arbeitskreis des Heimatfreunde Grötzingen


Projekt

Handwerk, Handel und Gewerbe in den 50er und 60er Jahren


Betriebs-Chroniken

Max Hafner - Druckarbeiten

Einträge in den Adressbüchern

AB 1949
Marktplatz 3 - Buchdruckerei, Diplome, Druckerei und Verlag, Emailschilder und Stempel, Formulare, Stempel, Zeitung "Das Pfinztal"
AB 1954
Marktplatz 3 - Druckerarbeiten,Stempel, Emailschilder und Stempel, Zeitung "Das Pfinztal"
AB 1961
Marktplatz 3 - Druckarbeiten, Zeitung, Diplome, Zeitung


Das Pfinztal

Zum 31.12.2018 schließen der Verlag und die Druckerei Hafner ihre Pforten. Damit stellt auch Das Pfinztal und das Mitteilungsblatt für Karlsruhe-Grötzingen sein Erscheinen ein. Dies zu einem nahezu historischen Zeitpunkt, denn in diesem Jahr konnte Grötzingen auf 100 Jahre eigene Zeitung zurückblicken: im kommenden Jahr feiert die Publikation "Pfinztäler Bote" aus dem Verlag Max Hafner 100sten Geburtstag und dessen Nachfolger, Das Pfinztal, würde 70.

Ein Rückblick

Am 11. Januar 1918 erschien der erste "Anzeiger der Gemeinde Grötzingen", in dem die wichtigsten Lokalnachrichten und Bekanntmachungen der Gemeinde veröffentlicht wurden. Den Anstoß dazu gab der damalige Bürgermeister Gustav August Kaufmann, der einen von "Bürgermeisteramt und Gemeinderat schon längst gehegten Gedanken" erwirklichen und den "Wünschen des Bürgerausschusses wie auch weiten Kreisen der Einwohnerschaft" entsprechen wollte. Das Bürgermeisteramt war der Herausgeber und das Blatt erschien mittwochs und samstags im Verlag und der Druckerei von August Oeder. Denn "die Größe des Dorfes machte das Amt des Ausschellens immer schwerer. Ganz verschwunden ist es heute noch nicht, aber der Pfinztäler Bote ist doch fast der richtige Ersatz dafür geworden", wie 1923 Heinrich Dietrich im ersten Grötzinger Heimatbuch schrieb und die Bedeutung der gedruckten Nachrichten herausstellte: "es ist das unentbehrliche Blatt für jede Familie geworden.

Einen kirchlichen Vorläufer hatte 1913 Pfarrer Hofheinz gegründet, den "Gemeindeboten", der aus dem evangelischen Gemeindeleben berichtete und bald in jedes evangelische Haus kam. Den Zeitungskopf dazu entwarf Friedrich Kallmorgen; er war noch auf derletzten Ausgabe des monatlichen Blattes zu sehen. Erst 1985 wurde der Gemeindebote, der seit 1922 ebenfalls bei Max Hafner hergestellt wurde, vom Gemeindebrief abgelöst.

Da der Druck des "Anzeigers" bereits im darauf folgenden Jahr von August Oeder in die Hände von Max Hafner überging, wäre es im kommenden Jahr ein Jahrhundert, dass die "Grötzinger Zeitung" im Verlag Hafner erscheint. Seiher nannte sich das Blatt "Pfinztäler Bote".

In der Wilhelmstraße 11, heute Martin-Luther-Straße, druckte Max Hafner im April 1919 die erste Ausgabe des Pfinztäler Boten. Dies geschah auf einer "Schnellpresse", die zunächst im Handbetrieb in Gang gehalten wurde, Erst nach 1920, als Grötzingen an das Stromnetz angeschlossen wurde, betrieb Elektrizität den Pressedruck im Malerdorf. Bis dahin lieferte die Ehefrau Max Hafners, Lina und freundliche Besucher im Betrieb mittels eines Griffs am Schwungrad die notwendige Energie zum Zeitungsdruck. An 1920 erweierte sich das Einzugsgebiet des Pfinztäer Boten erst nach Berghausen und Söllingen, einige Jahre später wurden auch Wöschbach und Kleinsteinbach mit einbezogen. Am 4. Februar 1931 erhob ein ministerieller Erlass den "Pfinztäler", wie er in der Bevölkerung genannt wurde, zum Amtsblatt. Zunächst erschien der Bote drei Mal in der Woche, in den Dreißigerjahren sogar täglich: eine Grötzinger Tageszeitung ! Zum Inhalt gehörten politische Nachrichten,auch aus aller Welt.

Die Nationalsozialisten beäugten den Pfinztäer Boten schon vor der Machübernahme mit äßersten Misstrauen, denn sie sahen sich auf dessen Seiten zu wenig beachtet. Eine sehr objektive Wahrnehmung ! Oberdrein bezog der Herausgeber Max Hafner deutlich Stellung fuuml;r die deutsche Republik und beschäftigteauch noch zwei auswärtige Drucker, welche angeblich Beziehungenzu SPD und KPD pflegten. Diese habe er sofort zu entlassen und durch zwei SA-Leute zu ersetzen, wurde gefordert. Bereits im Dezember 1932 schrieb die NSDAP-Ortsgruppenleitung an Max Hafner: "Die hiesige NSDAP hat erst vor kurzer Zeit versucht, in ihrem Blatt eine ganz sachliche Erwiederung auf die spöttelnden Auslassungen des Bürgermeisters Jäck zu bringen. Sie haben es jedoch für opportun gefunden, meinen Beauftragten wie schon immer abzuweisen, und zwar, wie Sie zu sagen pflegen, weil der Bote ein neutrales Blatt ist". Diese Neutralität war ein Grundsatz der Druckerei Hafner. Bis zum letzten Inserat von Max Palm (Manufakturwaren und Konfektion) am 21. Dezember 1935 veröffentlichte der Pfinztäler die Anzeigen der jüdischen Mitbürger. Im Gedenkbuch für die Grötzinger Juden ist nachzulesen: "Max Palm hatte das Glück, in dem Verleger der Zeitung, Max Hafner, einen Freund und Gesinnungsgenossen zu haben, der sich selbst immer wieder gegen die neuen Machthaber wehren und 1936 seine Zeitung letzlich unter Zwang aufgeben musste.".

Abends, im Schutz der Dunkelheit, stieg Max Palm oftmals die ganz in der Nähe gel zu lesen: egene steile Treppe zum Wohn- und Verlagsgebäude der Hafners hinauf, um mit Max Hafner die Lage zu besprechen. Die NSDAP-Fraktion im Rathaus monierte vier Monate nach der Machtübernahme, dass Hafner "nur gezwungen" den Anordnungen der Regierung Folge leiste. Und im "Fuuml;hrer", dem Hauptorgan des NSDAP-Gaus Baden war Reißerisches zu lesen: "Schärfster Terror der Roten unter progagandistischer Mithilfe des Verlegers des Pfinztäler Bote." Im März 1936 empfahl der Reichsverband der deutschen Zeitungsverleger Max Hafner "dringend die Veräußerung" seines Verlags. Zum 1.Mai übergab dieser die Rechte dem Durlacher Tagblatt, er behielt nur die Druckerei. Die letzte Nummer erschien am 30. April und danach noch ein Sonderdruck mit den noch fehlenden Kapiteln des Fortsetzungsromans "Wenn Frauen kämpfen". Danch kämpften nicht nur Frauen ums Überleben.

Der Neubeginn ab 1949

1949, ebenfalls im April, erschien die erste Ausgabe von "Das Pfinztal, Amtliches Anzeigenblatt für die Gemeinden des Pfinztals". max hafner schrieb dazu: "Dadurch, dass diese Zeitung ganz auf die wirtschaftliche, soziologischen und kulturellen Fragen der engeren Heimat zugeschnitten war, bekam sie ihre ganz persönliche Note, die nicht unwesentlich zu dem schönen und erfreulichen Gedeihen des Blattes beitrug." Auf diese engere Heimat zugeschnitten blieben die Beiträge in Das Pfinztal bis heute, auch nach der Eingemeindung nach Karlsruhe. Das sah der Verlag als sinnvolle Ergänzung zu Themen aus der Stadt und damit behielt das Blatt seine ganz persönliche Note bei. Die überall aus dem Boden schießenden Anzeigenblätter ohne eigene journalistische Beiträge machten dem Grötzinger Traditionsblatt im Abonnement zuschaffen. In der Vereinbarung über die freiwillige Eingliederung der Gemeinde Grötzingen in die Stadt Karlsruhe war dem Mitteilungsblatt ein eigener Passuns gewidmet. Der besagte, dass öffentliche Bekanntmachungen auch im Stadtteil ausschließlich nach den Vorschriften der Hauptsatzung der Stadt über das Karlsruher Amtsblatt erfolgen sollten. Das bisher herausgegebene eigene Amtsblatt der Gemeinde Grötzingen sollte in der bisherigen Weise als Mitteilungsblatt des Stadtteils Karlsruhe-Grötzingen weiter herausgegeben werden.

Das Pfinztal wurde weiter nur durch Inserate und Druckaufträge finanzierbar; Grötzinger Einzelhändler, die Inserate bringen könnten, gab es immer weniger. Mitterlweile berichtet das Pfinztal fast ausschließlich zu Themen in und rund um Grötzingen, möglichst umfassend und besonders zu Kunst im Stadtteil, zu Belangen der Kirchen und Vereine, welche in anderen Medien wenig oder gar keine Beachtung finden. Noch immer, im 70. Jahrgang, tragen Grötzinger Schüler dienstags und freitags die Heftchen aus: auch dies ein Stück HematIndividualität und heimat !

Bis zu seinem plötzlichen Tod im Oktober 1991 führte der Sohn Max Hafners, Siegfried Hafner,den Verlag und die Druckerei; heute sind es wiederum dessen Sohn, Wolfgang Hafner und seine Mutter Gisela. Sie legten stets Wert darauf, dass Das Pfinztal in der Qualität weiter erscheint, wie es 1990 eine Dame bei ihrem Wegzug aus Grötzingen schrieb: "Es war in all den Jahren ein angenehmer und informativer Begleiter!

(c) Das Pfinztal - Dezember 2018
Wolfgang Hafner - Gisela Hafner - Ursula Steinhard-Stauch


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zuletzt bearbeitet am 28.01.2019
von Klaus Horn, EMail = k-r-horn BEI t-online.de