Geschichtswerkstatt

Grötzingen

Wirtschafts- und Sozialgeschichte

Arbeitskreis des Heimatfreunde Grötzingen


Projekt

Handwerk, Handel und Gewerbe in den 50er und 60er Jahren


Betriebs-Chroniken

Herrmann Präzisionsdruckguss GmbH
Eisenbahnstraße 8 - 10

Einträge in den Adressbüchern:

AB 1937 + 1949 + 1954 + 1961 :
Eisenbahnstraße 8
(heute : Standort von Lidl und Edeka; Altenwohnheim)
Fabrik für Präzisionsdruckguss


Bericht Frau Hildegard Rau - 21.11.2018

zur Person

Beginn des Ausbildungsverhältnisses zum Industrie-Kaufmann im Jahre 1953 Nach Abschluss der Lehre im Jahr 1957 Übernahme in ein festes Arbeitsverhältnis im kaufmännischen Bereich. Erste Einarbeitungs-Abteilung war das Personalbüro, dann kamen die Abteilungen Finanzen-und Buchhaltung, sowie der Einkauf. Als im Hause Herrmann für die Bearbeitungsabteilungen Akkordarbeit eingeführt wurde, hat man mir die neue Stelle in der Abteilung Arbeitsvorbereitung als Abteilungsleiterin angeboten, die ich gerne annahm.

Weiterbildung an den Abenden und an Samstagen in Kursen in Karlsruhe bei der IHK und anderen Veranstaltern.

Aufstieg zur Leiterin der Finanzbuchhaltung, dann kam hinzu ; Leiterin der Personalabteilung, Leiterin der Abteilung Einkauf und dann die Kaufmännische Leitung. Aufstieg zur Prokuristin und Mitglied der Geschäftsleitung.

Beendigung der Tätigkeit im Jahre 1999

Firmenleitung

Gründer und Inhaber:
Erich Herrmann und Ehefrau Frieda Herrmann
später kam Elisabeth Praetorius und die Söhne Wolfgang Herrmann und Klaus Herrmann sowie die Tochter Bärbel Bick, geb. Herrmann dazu.
1995 wurde das Unternehmen an eine amerikanische Firma verkauft. Der Firmenname wurde geändert in TCG Herrmann GmbH
Im Jahr ???? ist die ICT nach Oberderdingen bei Bretten umgezogen, da am Standort in Grötzingen keine Platz für notwendige Erweiterungen des Betriebes war.

Produktpalette

Präzisionszinkdruckguss : Bauteile überwiegend für die Autozulieferer (Bremskolben, Motorgehäuse, Mercedes-Stern etc)
Aufgrund der Energiewende hat das Unternehmen dann als zweites Standbein die Aluminiumfertigung in ihr Programm aufgenommen.
Großkunden in Deutschland hatten ihren Sitz in Hannover, Frankfurt, Bühlertal; auch nach Österreich, Schweden, Holland wurden Druckgußteile geliefert

Beschäftigte

1950 : ca 360 Personen
1998 : ca 190 Personen
Im Kaufmännischen Bereich (1998) ca. 12 Personen
Im Technischer Bereich: Facharbeiter wie Dreher, Fräser etc. Für den technischen Bereich war das Wissen und Können des Firmenchefs Erich Herrmann eine enorme Bereicherung.
In der Produktion –Gießerei, Schmelzerei, Stanzerei, Nachbearbeitung und Kontrolle waren angelernte Mitarbeiter tätig.
Ein großer Teil der Mitarbeiter kam aus dem Umkreis ( Berghausen, Söllingen, Kleinsteinbach); natürlich waren sehr viele Mitarbeiter aus Grötzingen.

Der Firmenleitung waren soziale Belange sehr wichtig
(Kantine, Betriebsausflüge, Teilzeitregelungen für die Frauen etc).


Bericht Frau Charlotte Ebendt (1950)

Spezial-Arbeiter mit langjähriger Erfahrung
Eine Fabrik für Präzisionsspritzguß
Quelle : Badische Allgemeine Zeitung Karlsruhe

Über dem Haupteingang des wuchtigen, langgestreckten Baus an der Eisenbahnstraße steht in schlichten Majolikabuchstaben Erich Herrmann & Co. Die wenigsten unserer Mitbürger können sich unter der Bezeichnung "Fabrik für Präzisionsspritzguß" etwas vorstellen.

Vor ca. 20 Jahren hat dieser Betrieb zunächst mit einer Handvoll Arbeiter in der Kaiserstraße mit dem Guss von Teilen aus Zink- und Aluminiumspritzguss begonnen. Es bedurfte jahrelanger harter Arbeit bis die Fabrik hochkam und der Betrieb die heutige Größe erreichen konnte. Freilich macht sich auch der verlorene Krieg recht bitter bemerkbar und die gezwungenermaßen eingeführte Kurzarbeit ist sicher nicht im Sinne des Inhabers. Die anfangs als GmbH eingetragene Firma wurde nach dem Tod des Teilhabers Ernst Prätorius in eine KG umgewandelt. An Stelle des Verstorbenen trat sein Bruder Architekt Dipl-Ing. Erich Prätorius, dem die Grötzinger Musikfreunde die Konzerte geistlicher Abendmusik verdanken.

Der Betrieb wurde von der Kaiserstraße in das heutige Gelände verlegt, das später von der Firma käuflich erworben wurde. Im Jahr 1935 waren kaum 15 Mann beschäftigt und alle waren sie eine große Familie. Lange erzählte man von den herrlichen Omnibusfahrten, die von der Betriebsleitung finanziert wurden. Für jeden Betriebsangehörigen stand zum Geburtstag ein Blumenstock und eine Flasche Wein am Arbeitsplatz. Im Sommer konnten sich die Arbeiter in den Pausen im Freien bewegen und für schlechtes Wetter wurde ein großer, freundlicher Aufenthaltsraum hergerichtet. Heute besitzt die Firma eine eigene Werksküche und auch den "Selbstkochern" ist Rechnung getragen. Während des Krieges wurden für ältere und verdiente Werksangehörige Lebensversicherungen abgeschlossen und jedem Soldaten ein Sparbuch angelegt. Die Zahl der Beschäftigten war gegen Ende des Krieges auf fast 100 angestiegen.

Die für den Gießprozess erforderlichen Stahlformen werden in der eigenen Formbauerei pünktlich und präzise gefertigt und der seit der Gründung dort arbeitende Meister Wenz aus Söllingen ist aus der Abteilung nicht mehr wegzudenken. Ihm zur Seite stehen alte, erfahrene Dreher und Werkzeugmacher. Auch die Gießer haben durch ihre meist langjährige Zugehörigkeit zum Betrieb große Erfahrungen gesammelt und sorgen dafür, dass die Stücke mit möglichst wenig Ausschuss die Maschine verlassen. Zunächst benutzte man Gas zum Flüssigmachen der einzelnen Legierungen, die fertig von der Hütte bezogen wurden. Später wurden die Maschinen auf Pressluft umgestellt. Den letzten Schliff erhalten die einzelnen Teile in der Hand- und Maschinenabgraterei, wo die vom Guss herrührenden Überreste mit Feilen bzw. Stanzen beseitigt werden. Diese letzte Arbeit wird vielfach von Frauen ausgeführt und so besteht ein großer Teil der Betriebsangehörigen aus weiblichen Arbeitskräften.

In Kartons und Kisten verlassen die fertigen Teile die Fabrik. Diese Gussstücke werden als Radio-, Nähmaschinen-, Auto- und Fahrradteile usw. verwendet. Vor dem Krieg gingen die Sendungen bis nach Norddeutschland und Thüringen und selbst Frankreich zählte zu dem Abnehmerkreis der Firma.


Lage des Betriebes

Karte als pdf-Datei


Fotos der Belegschaft

1950
  Foto Foto


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zuletzt bearbeitet am 31.01.2019
von Klaus Horn, EMail = k-r-horn BEI t-online.de