Offenes Denkmal 2007
Karlsruhe: Stadtgeschichte
Die Dreihundertjährigen – Durlacher Hausgeschichten
Zunftstraße 14, Durlach
Als das frisch sanierte Haus am Tag des offenen Denkmals 1999 der Öffentlichkeit
vorgestellt wurde, musste die Erbauungszeit noch vage mit "1. Hälfte
18. Jahrhundert" angegeben werden. Inzwischen hat sich der Kenntnisstand
gründlich geändert. Um 1700 war es dem Kupferschmied Carl Bauer gelungen, hier
zwei schmale Ruinengrundstücke zu erwerben und zusammenzulegen, so dass
die Grundsteuerliste von 1706 feststellen konnte, der Hausplatz sei
"jetzo mit einem Neuen Hauß bebaut".
Das Haus verblieb vorläufig in der Familie Bauer, seit 1747 auch bei Gabriel
Bauer, der als Kupferschmied und Ratsverwandter in Karlsruhe lebte. Das Haus
war jetzt reines Mietobjekt, wozu es sich mit seinen drei Küchen durchaus
eignete. 1766 sah die Belegung folgendermaßen aus: In der kleinen Wohnung
unten neben der Durchfahrt wohnte eine Spinnerin, Witwe des Taglöhners H.
Zweigel. Die eine Wohnung oben (1 Zimmer, 1 Kammer, 1 Küche) bewohnte der
Uhrmacher und Schlossermeister J. Schmied mit seiner Frau, die zweite (mit
einer zusätzlichen Kammer) der Taglöhner J. M. Mohr mit Frau und zwei Söhnen,
ferner die ledige Taglöhnerin M. Schanz. Diese Einteilung in drei Wohnungen
ist bis heute beibehalten; auch die Sanierung hat das Format der Räume
größtenteils bewahrt.
Ein Vergleich mit dem Plan der "Stadtrenovation" von 1764 zeigt,
wie konstant die Grundstücksgrenzen und die Bebauung über die Jahrhunderte
geblieben sind. Nur ein entlegenes Stückchen Garten wurde abgetrennt und
neuerdings ein schmaler Schuppen (Stall, Werkstatt), der die Durchfahrt
behinderte, entfernt. Verglichen mit Nachbaranwesen war dies ein eher bescheidenes
Handwerkergrundstück. Für einen Landwirt wurde es erst brauchbar mit der
Erbauung der soliden Scheune 1849.
An den wechselnden Bewohnern lässt sich in großen Zügen die Durlacher Bevölkerungsgeschichte
ablesen. Auf die große Zeit der Handwerker (Bäcker, Schuhmacher außer den
oben genannten) folgte eine stärker landwirtschaftlich geprägte Periode, hier
repräsentiert durch Wilhelm und Karl Geyer (um 1900) und die Witwe des
letzteren, die noch jahrzehntelang als Gemüsefrau bekannt war.
Daneben füllte sich das Haus mit Fabrikarbeitern. 1979 tauchen zum ersten
Mal die Namen Athanasiadis, Athimon, Lavidas und Zucchini auf. Eine
zunehmende Vernachlässigung des Baus führt zu Billigstwohnungen und
Überbelegung. Das Adressbuch von 1992 verzeichnet: Fahri Arslan, Nurik
Arslan, Sofia Athimon, Irfan Baydar, Nilgün Baydar, Mediha Bolatoglu, Canelos
Litos, Zacharo Litou und Meryem Özmen. In den letzten Jahren vor der Sanierung
stand das Haus leer.
Über die "Denkmalsanierung" von 1998 schrieb die Architektin:
"Es wird nicht der Originalzustand des Gebäudes bei Errichtung wiederhergestellt,
sondern es wird das vorhandene, unterschiedliche Gefüge belassen, repariert,
wo es zerstört ist, aber es werden auch Elemente aus späteren Epochen wie z.B.
die brüstungshohen Lamperien oder der Deckenstuck aus dem 19. Jahrhundert
in einigen Räumen wiederhergestellt. Es wird auch teilweise in den Innenräumen
das Fachwerk freigelegt, obwohl es ursprünglich gewiss verputzt war. Auch
werden in den Fassaden die Fachwerke sichtbar gemacht, das einfachere zum Hof
über der Durchfahrt und das Schmuckfachwerk zur Straße" mit dem kombinierten
Rauten-Andreaskreuz-Muster in den Brüstungsfeldern und den halben
Mann-Figuren daneben, nicht zu vergessen das große komplette Mann-Muster in der
Wand zur Durchfahrt.
Es gibt noch so manche Einzelheit zu entdecken, so z.B. die Sandsteinplatten
am Boden der Durchfahrt, die Konstruktion des Hoftores, der zum Balkon
ausgebaute Rest einer Loggia im Oberstock. Dann natürlich das kompakt in
Sandstein aufgeführte Scheune-Stall-Gebäude, das in seiner derzeitigen Form
kaum zu nutzen ist. Ob sich eine Wohnnutzung mit dem Denkmalcharakter
vertragen kann, scheint noch nicht endgültig geklärt.
Text: Dr. Peter Güß, Freundeskreis Pfinzgaumuseum – Historischer Verein
Durlach e. V.