Karlsruhe: Stadtgeschichte – Denkmaltag 2005

Basler-Tor-Turm


Basler-Tor-Straße 2, Durlach


Das turmbe­wehrte Tor ist als Zeichen der Wehrhaf­tig­keit und Freiheit das eigent­li­che Wahrzei­chen Durlachs als Stadt. Es ist eines der ganz wenigen verblie­be­nen mittel­al­ter­li­chen Gebäude Durlachs, wahrschein­lich aus dem 14. Jahrhun­dert. Seinen Namen hat das Tor, weil es ehemals Zugang zur Post- und Heerstraße nach Basel war; dort hatten die Markgra­fen von Baden ein Ausweich­quar­tier (sprich: Stadt­schloss).

Stilis­ti­sche Merkmale des mittel­al­ter­li­chen Baues sind die Buckel­qua­der an den Kanten und der Bogenfries unter dem obersten Stockwerk. Zur Wehrhaf­tig­keit des Turms gehörten die bis zu 2,20 m dicken Mauern (zur Stadtseite hin genügte eine geringere Mauer­stär­ke) und die schmalen Sicht­öff­nun­gen auf der Feldseite. Zugänge gab es ursprüng­lich nur von der Stadtmauer aus, sie lagen über 5 m hoch. Die Außenwand schloss bündig mit der 1,5 m dicken Stadtmauer ab, so konnte sich niemand hinter den Ecken verstecken. Vor dem Tor lag der 3,5 m breite Zwinger, der von der strecken­weise heute noch erhaltenen, weniger kräftig ausge­bil­de­ten Zwinger­mau­er abgeschlos­sen wurde. Den äußersten Ring der Stadt­be­fes­ti­gung bildeten der ca. 14 m breite Stadt­gra­ben, dessen schmaler Wasserlauf aufgestaut werden konnte, sowie ein Palisa­den­zaun.

Am Dienstag, den 16. August 1689, wurde das Basler Tor wie die gesamte übrige Stadt von den Truppen des franzö­si­schen Marschall Duras syste­ma­tisch in Brand gesteckt, die soliden Turmmauern blieben jedoch stehen - lange Zeit als Ruine. 1761 erhielt das Tor seine heutige Form. Auf den ca. 24 m hohen Steinbau setzte der Zimmermann Zacharias Weiß aus Grötzingen ein gewölbtes barockes Dach ("welsche Haube"). Ein neuer Treppenan­bau erschloss den Turm jetzt (nach Zerfall der Stadt­mau­er) im zweiten Stockwerk; das erste wurde zum Verlies, d.h. nur noch durch eine Öffnung von oben zugänglich. Die Durlacher Tortürme wurden als Gefäng­nis­se genutzt, der Basler für Leute im Dienst des Markgrafen. Eine Zellentür ist erhalten, mit eiserner Klappe am Guckloch.

Zur Torwache wurden mehrere Männer benötigt. Das schmale Torwart­häus­chen jenseits des Stadt­gra­bens steht noch und wurde in jüngster Zeit renoviert. Der Torwart zog Zoll und Weggeld ein und schloss abends das Tor; der Schlüssel wurde zeitweise nachts vom Schultheiß verwahrt. Zwei- bis viermal in der Nacht musste jeder Torwächter auf der Mauer bis zum nächsten Tor und zurück gehen, der vom Basler Tor stündlich bis zum Schloss. Die Bewachung wurde im 19. Jahrhun­dert aufgegeben, die anderen drei Tore wurden abgerissen. Das Basler Tor blieb erhalten, weil die Haupt­straße seit dem 18. Jahrhun­dert um den Schloss­gar­ten herum­führte und der Turm so dem Verkehr nicht im Weg stand.

1968/69 kam unser Turm als der "Rote Turm" zu Berühmt­heit. Die Deutsche Jugend­schaft, die ihn seit 1958 mietweise nutzte, schloss sich der 1968er APO (Außer­par­la­men­ta­ri­sche Opposi­tion) - Bewegung an. Der Turm wurde zum Treffpunkt und Agita­ti­ons­zen­trum junger Leute, die sich als antiau­to­ri­tär, revolu­tio­när, neo-marxis­tisch und sexualauf­klä­re­risch verstanden und es genossen, wenn Durlacher Bürgertum und städtische Autori­tä­ten sich über Gruppensex und "kommu­nis­ti­sche Indok­tri­na­tion" empörten. Rechts­ra­di­ka­le fühlten sich zu Gewaltak­ten ermuntert. Das "Antiau­to­ri­täre Jugend­zen­trum Roter Turm" hängte eine rote Fahne aus dem Fenster und ignorierte die Kündigung durch die Stadt Karlsruhe. Die Räumung wurde schließ­lich gericht­lich erzwungen und der - recht­zei­tig geleerte - Turm von der Polizei im Sturm genommen und geschlos­sen. Zurück blieben die mit zahllosen Parolen und revolu­tio­nären Symbolen verzierten Innenwände - ein leibhaf­ti­ges APO-Museum! 1992 ließ das Hochbauamt die Wände sauber weißeln und elektri­sches Licht instal­lie­ren - damit man etwas sieht, wo nichts mehr zu sehen ist.

Text: Dr. Peter Güß, Freun­des­kreis Pfinz­gau­museum - Histo­ri­scher Verein Durlach e. V.