Denkmaltag 2011 / Wohnbauten und Siedlungen
Ein Durlacher Wohnhaus von 1707
Durlach, Basler-Tor-Straße 1/ Amthausstraße 35
1680, also neun Jahre vor der Einäscherung Durlachs, stand hier das Haus der Frau Margareta Hirschmann, Witwe des Otto Hirschmann. Ihr gehörte auch noch 1698, also neun Jahre nach dem Brand, der jetzt unbebaute Hausplatz. 1706 wird als Besitzer der "CanzleyBott" Jacob Müller genannt. Er erscheint 1709 in einem Verzeichnis der Beamten der markgräflichen Kanzlei als Johann Jakob Müller, Extra-Botenmeister. Die Stelle unmittelbar neben dem Basler Tor ist hervorragend geeignet für den markgräflichen Boten, der von hier ohne Umweg seinen Ritt ins badische Oberland oder zur markgräflichen Exilresidenz in Basel beginnen und notfalls auch nachts zurückkehren konnte.
Das Haus wurde vor 1716 von dem Boten Johann Jakob Müller erbaut, der auch noch 1742 als Besitzer genannt wird. Ihm folgte für kurze Zeit der Bäcker Mattheus Kuntzmann. 1754 kaufte es der Taglöhner Jacob Rentz. Unter ihm kam das Haus 1758 in die neugegründete Feuerversicherung. Es wird dort als zweistöckig geschildert mit zwei Mauern aus Stein im Erdgeschoss, der Rest in Fachwerkbauweise. Dazu gehörte eine zweistöckige "schlechte Stallung". Das Ganze wurde auf 450 Gulden geschätzt.
Bei der "Stadtrenovation" 1764 gehört das kleine Anwesen Jakob Rentzens Witwe. Es wird beschrieben als "Haus, Höfle und Stallung" und ist 5 3/4 Ruthen, d. h. etwa 100 m² groß. Nach der von O. K. Roller wiedergegebenen Liste von 1766 bewohnt die Witwe des Jakob Renz (ursprünglich Hafner, dann Weingärtner) im Erdgeschoss 1 Zimmer, 1 Kammer und 1 Küche zusammen mit einem erwachsenen Sohn und einer erwachsenen Tochter. Im Obergeschoss (ebenfalls 1 Zimmer, 1 Kammer und 1 Küche) wohnt der Sohn Johann Georg Renz, Weingärtner und Taglöhner, mit seiner Frau und sechs Kindern.
Zwischen 1782 und 1802 werden als Besitzer genannt: der Schuster Niclaus Sauerländer, Leonhard Wackershauser und Johannes Wackershauser, danach David Klenert. Das Haus wird 1802 auf 800 Gulden geschätzt. David Klenert bemüht sich 1803 bis 1821 zusammen mit Nachbarn darum, das jeweils angrenzende, 3,50 m schmale Zwingerstück von der Stadt Durlach zu erwerben, die aber auf die Einnahmen aus der Verpachtung als Gemüsegartenland nicht verzichten mag, weil "Krautsetzlinge nirgends beßer als im Zwinger gerathen". Als die Stadt 1821 zu überhöhten Preisen zu verkaufen beginnt, verzichtet Klenert. Das Zwingerstück hinter dem Grundstück ist, im Gegensatz zu allen benachbarten, bis heute unbebaut.
1842 wird David Klenerts Witwe als Besitzerin genannt, ab 1845 Carl Ludwig Weber. Die Adresse ist damals Herrenstraße 34. Die Adressbücher von 1888 und 1906 nennen als Besitzer den Bäcker August Hahn. Seine Bäckerei wird wohl auf dem Nachbargrundstück gewesen sein, wo man heute noch den Bäckereischornstein sieht.
Text: Dr. Peter Güß, Freundeskreis Pfinzgaumuseum - Historischer Verein Durlach e. V.