Zeitzeugeninterview - 14
Tiroler Straße 22 (Aue)
Adolf und Magdalena Bischoff
Elternhaus Magdalena Schneider : Tiroler Straße 13
geb. 1933, Rufname : Leni
Der Vater Willi Schneider betrieb ein Fuhrgeschäft.
Sammelstelle für die Beschickung der Markthalle in Karlsruhe.
Am vorausgehenden Abend wurde in "Ladkörben" (Weidenkörbe mit mehreren Henkeln zum leichteren Transport)
das Gemüse gebracht und auf einem breiten Pritschenwagen abgeladen. Der Transport nach Karlruhe
durch den Oberwald startete um 5 Uhr mit zwei Pferden (Namen der Pferde : Fritz, Max);
Leni erreicht die Markthalle mit dem Fahhrad um beim Abladen zu helfen.
Aufbau in der Markthalle.
Betrieb in der Markthalle von 7 bis 12 Uhr; Kunden waren die Zwischenhändler, wenige Endverbraucher (die "Stadtleut").
Später wurde ein Traktor anstelle der Pferde genutzt.
Wieder zu Hause mussten erst noch die Kühe gemolken werden ehe Kaffeetrinken möglich.
Besuch der Schule in Aue (hinter dem Rathaus), später neue Schule in der Grazer Straße.
Konfirmation 1948 und Schulentlassung.
Elternhaus Adolf Bischoff : Tiroler Straße 22
- Großvater Samuel Weiß (geb. 1873 in Söllingen);
erbaute 1907 das Haus.
Beruf : Maurer; später tätig im Reichsbahnausbesserungswerk Durlach.
- Vater Adolf Bischoff; tätig als Bierkutscher für die Löwenbrauerei in Durlach; ab 1946 tätig als Landwirt.
- Adolf Bischoff: geb. 1934
Lehre als Maschinenschlosser ab 1949 bei Herlan in Karlsruhe; Facharbeiterbrief; tätig bis 1956.
Darnach bis 1970 bei der Firma Genschow ("Zündhütle") im Bereich Pistolenmunitionsherstellung. Von 1970 bis 1994
in den Werkstätten der Bundesbahn in Karlsruhe (ehemaliges Reichsbahnausbesserungswerk).
typische Situation in einer Auemer Familie:
- Der Vater arbeitet in einer der von Aue aus leicht zu erreichenden Fabriken:
- Ritter AG, Killisfeldstraße 62-64, Dentaltechnik
- Bundesbahn-Ausbesserungswerk Durlach, Killisfeldstraße
- Gritzner-Kayser AG, Gritznerstraße 11, Nähmaschinen
- Gustav Genschow & Co AG, Munitionsfabrik, Tiefentalstraße 1 (Zündhütle)
als Nebenerwerb betreibt er die Landwirtschaft auf den eigenen Äckern.
- Die Mutter versorgt die Kinder, den Haushalt und die Haustiere; sie hilft bei der Ernte;
Das Gemüse aus dem Hausgarten wird in der Markthalle Karlsruhe verkauft.
- Die Kinder helfen der Mutter im Haushalt und den Eltern auf den Feldern.
Haus und Grundstück Tiroler Straße 22
als Beispiel der Situation in Aue
mit den Orginalplänen
Selbstversorgung
Große Teile der Nahrungsmittelversorgung wurden im Eigenbetrieb erwirtschaftet.
Schlachtung
Zweimal im Jahr kam der Hausschlachter: in der Waschküche wurde ein Schwein geschlachtet,
manchmal am nächsten Tag noch eine Ziege. Kesselfleisch, Wurstsuppe. Putzen der Därme.
Haltbarmachung des Fleisches : Einmachen in 1-Liter-Dosen.
Haltbarmachung der Würste : Lufttrocknung oben im Schopf; manchmal auch Weggabe zum Räuchern.
Speichern in der Vorratskammer.
Mosten
In der Regel wurde Most zum Essen getrunken; Bier nur zu besonderen Anlässen; Wein nur bei Familienfesten.
Im Keller standen die Mostfässer: 1200 Liter pro Haushalt im Jahr.
Von der Ernte bis Mai gab es den Äpfel/Birnen-Most, von Juni bis in den Herbst den "Hansa", der aus roten
Johannisbeeren erzeugt wurde (größerer Alkoholanteil, da teilweise vergoren).
Die Apfel-/Birnen-Ernte kam hauptsächlich von gemeindeeigenen Bämen, die vom Feldschütz
ersteigert wurden. Die Kugelbirnen waren des Geschmackes wegen besonders beliebt. Bei der Bearbeitung in der
Mostkelterei (Firma Hermann Schneider, Ostmarkstraße 21) musste man achtgeben, dass man den Saft von den eigenen Früchten erhielt.
Die Johannesbeersträucher standen auf dem Hang jenseits der B3 ("Wingert").
Getreide und Kartoffeln
Auf den eigenen und den gepachteten Äckern wurden Kartoffeln sowie Gerste, Hafer, Weizen, Korn (Roggen)
angebaut. Das Getreide wurde auf einem Platz am Ortsrand gedroschen, die Körner zur Ober-Mühle in Durlach gebracht. Der Mehlvorrat
lagerte im Kornkasten im Schopf.
Die Gemarkungsgrenze zwischen Aue und Durlach wurde streng beachtet. Mit "denen von Durlach" wollte man wenig
zu tun haben.
Brot
Einmal pro Woche wurden die Brotlaibe in geflochtenen Strohkörben zum Bäcker gebracht;
dort wurden sie entleert; so konnte man sie gleich wieder nach Hause mitnehmen. Nach dem Backen
wurden die Brote beim Bäcker abgeholt.
Kontakte zu Handwerkern
Zu einer Reihe von Auemer Handwerkern hatte man für entsprechende Bedürfnisse im Haushalt Kontakte:
Schreiner | Hermann Schneider - Ostmarkstraße 21; Otto Jock - Ostmarkstraße 78; Wilhelm Küffner - Tiroler Straße 7
Schneider | Malsch - Schlesierstraße 26, Kurt Geigle - Tiroler Straße 5
Klempner | Karl Rückert - Ostmarkstraße 56, Karl Zechiel - Grazer Straße 12
Maurer | Hermann Berggötz - Kärntner Straße 5
Sattler | Otto Geißler - Schlesierstraße 38
Medizinische Versorgung
Zahnarzt : Friedrich Schreckhaas - Auer Straße 60; Helmut Lipps - Ostmarkstraße 23; Willi Hornbacher | Karl Siegele - Kärntner Straße 3
praktischer Arzt : Dr. Franz Peterek - Westmarkstraße 35
Gastwirtschaften in Aue
Waldhorn | Ostmarkstraße 33 (mit dem einzigem großen Saal in Aue)
Goldener Adler | Memeler Straße 1
Strauß | Ostmarkstraße 14
Blume | Westmarkstraße 85
Schwanen | Westmarkstraße 49
Konfessionen
Der überwiegende Teil der Einwohner Aues war evangelisch; Kirche zunächst in der Westmarkstraße 44 (ehemals Gasthaus zum Sternen),
dann Trinitatiskirche
wenige Auemer waren katolisch; sie mussten zum Gottesdienst nach Durlach gehen ehe sie neue Kirche in der Grazer Straße
erhielten.
Adolf und Leni Bischoff
Aue, Tirolerstraße 22, den 17.03.2017
Interviewer : Klaus Horn und Gerda Schneider-Sato
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zuletzt bearbeitet von Klaus Horn am 03.04.2017 | k-r-horn BEI t-online.de