Durlach
Handwerk, Handel und Gewerbe in Durlach in den 1950er und 1960er Jahren

Die Milchläden

Berichte in den Zeitzeugeninterviews


In 6 von 12 Berichten werden die Erfahrungen beim Einkaufen im benachbarten Milchladen geschildert.

Anzahl Geschäfte für Milch und Milchprodukten in Durlach:
Adressbuch für 1952 : 17
Adressbuch für 1960 : 15
Adressbuch für 1970 : 5


Fritz Fürstenhöfer, Milch und Molkereiprodukt, Johann-Strauß-Straße 6 (Dornwaldsiedlung)

Jeden Tag wurden wir Kinder mit einer Milchkanne zum "Fürstel" geschickt, um frische Milch zu holen. Die Milch wurde mit einem Meßbecher in unsere Kannen geschöpft. Auf dem Heimweg trafen wir uns, um die Kannen "zu schleudern". Dies war wunderbar - bis der Arm müde wurde und es einen Ruck gab und sich die Milch auf den Bürgersteig ergoss. Der Rest des Weges war dann nicht mehr so lustig.

Ingrid Leitz, Durlach

Als Kinder mussten wir natürlich einkaufen gehen. Daher kann ich mich noch recht gut an die Geschäfte erinnern. Zuallererst und am wichtigsten der Milchmann. Fritz Fürstenhöfer hieß er. Sein Geschäft betrieb er in der Erdgeschosswohnung des großen Blocks in der Johann-Strauss-Straße. Man ging durch die offenstehende Haustür, dann vier oder fünf Stufen hinauf und linksherum in die Wohnung. Dort stand die Tür zum ersten Zimmer links offen. Die Frauen und Kinder standen im Flur Schlange. Auf einem Tisch standen zwei große, offene Bottiche, einer für Vollmilch, einer für Magermilch. An deren Rand hingen die Messbecher, 1 Liter, ½ Liter, ¼ Liter. Mit diesen rührte der Chef bei jedem Einschenken in die ihm entgegengehaltenen, meist verbeulten Aluminium-Milchkannen die Milch im Bottich einmal um, damit die Sahne sich verteilte. Außer Milch gab es nichts. An Butter oder Buttermilch kann ich mich nicht erinnern, aber vielleicht hatte er es doch. Käse gab es zumindest in den frühen Jahren nicht. Das Hauptgeschäft war halt die Milch. Beim Hinausgehen rief der Milchmann den Kundinnen nach: „Einen schönen Gruß an den Gasherd“ oder irgendeinen anderen Unsinn. Die Frauen schüttelten den Kopf und grinsten.

Carsten Sternberg, Enzklösterle


Familie Egeler in der Bienleinstorstraße 41

Weiter Richtung Zunftstraße hatte die Familie Egeler ihr Milchgeschäft. Da gab es Meßbecher von 1 Liter bis 1/8 Liter und vielleicht noch kleiner. Die Milch wurde aus einem Behälter gezapft. Die Mutprobe mit der Zentrifugalkraft beim Heimtragen der Milchkanne deckt sich mit allen Kindern meiner Generation. Mit dem Wirtschaftswunder wurden auch hier Butter und Käse angeboten.

Gudrun Mittelhamm, Durlach


L. Ostermayer (AB1952) / Fritz Schwarz (AB1960), Milch und Molkereiprodukte, Rittnertstraße 1-5

Da wurden wir Kinder natürlich immer mal schnell zum Einkaufen geschickt, und der wichtigste kleine Laden war die Molkerei oder das Milchgeschäft unten am Ende der Rittnertstraße, fast wo sie in die Badener Straße geht. Leider habe ich den Namen der Frau vergessen, die für uns ein Original war. Man kam mit eigenen blechernen Milchkannen und sie füllte sie mit ihrer Pumpe unter dem Ladentisch auf. Ich glaube man konnte auch noch andere Kleinigkeiten im Zusammenhang mit Milch da kriegen. Später kamen wir mit Milchflaschen, die oben mit einem Pappendeckel zugemacht wurden, und dann verkaufte sie die Milch selber in Flaschen. Aber weit entfernt noch von den späteren Papptüten!

Dieter Mettler, Wuppertal


Kurt Helffenstein, Milch und Molkereiprodukte, Grötzingerstraße 18

Der häufigste Gang war sicher zum Milchhändler in der Grötzinger Straße. Das Ehepaar Helfenstein hatte dort einen eher kleinen Laden. Er: klein, rundlich, mit Glatze, von eher ruhigem Temperament, sehr genau beim Abmessen der Milch (auch den letzten Tropfen schüttelte er noch aus seinem Messbecher). Sie: eher laut und herrisch, mit schwarzen (gefärbten ?), gelockten, hoch aufgetürmten Haaren. Aus der Vollmilch, die ja noch nicht pasteurisiert war, konnte man im Sommer wunderbare Dickmilch machen.

Friederike und Irene Gerner, ehemals Posseltstraße 4


August Goldschmidt, Milchhandlung, Grazer Straße 19 (Aue)

Da wir unseren Bedarf weitestgehend selbst decken konnten, mussten wir nur selten zum Einkaufen gehen. Eigentlich gab es hierzu nur Anlass am Sonntag oder zu anderen besonderen Tagen. Wir sind dann oft "hinten-herum" in das Geschäft gegangen, also außerhalb der Öffnungszeiten. So zum Metzger Kunzmann für einen "Vierling gekochten Schinken", ins Gasthaus für einen Krug Bier (unter der Woche wurde Most getrunken), zum Bäcker Born , um den zubereiteten Kuchen und das Brot backen zu lassen und zur Milchhandlung Goldschmidt; die Milch wurde sofort abgekocht, die Haut abgeschöpft und als "Butterersatz" verwendet. Dort gab es auch Trockenei und Trockenmilch; die Trockenmilch war süß und schmeckte sehr gut.

Dieter Flad, Aue, Ostmarkstraße 50


Karl Setz, Milchgeschäft, Resedenweg 28 (Rüppurr)

Den Laden erreichte man über drei Treppenstufen zu einem kleinen Zimmer im Eingangsbereich der Wohnung zur Straßenseite zu. Die Ausstattung des Ladens war, der damaligen Zeit entsprechend einfach : Entweder wurde aus einer großen Kanne Frischmilch geschöpft oder aber aus einem mit einem Deckel verschließbaren, in den Tresen eingelassenen Metallbecken. In späteren Jahren erleichterte eine Milchpumpe die Ausgabe. Die Anlieferung der Milch durch die Milchzentrale erfolgte in großen Kannen, die vor dem Haus abgestellt wurden.
Neben Frischmilch und Sahne waren anfangs nur noch Käse und Quark für die Herstellung des beliebten "Bibbeleskäs" im Angebot.

Günther Philipp : Rüppurr und seine Geschäfte, Info Verlag 2016, Seite 107


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