Durlach - Geschichtswerkstatt

Durlach - Handwerk, Handel und Gewerbe
in den 50er und 60er Jahren


[4] Handel

[4.3] Konsum-Genossenschaften

[4.3.1] Entwicklung in Deutschland


Grundsätze

Quelle : E.Hasselmann, Geschichte der Deutschen Konsumgenossenschaften
Frankfurt am Main, 1971

Mit dem Beschluss des Pariser Kongresses erkannte 1937 der Internationale Genossenschaftskongress die folgenden Grundsätze (auch "Rochdaler Grundsätze" bezeichnet) an:

  1. Offene Mitgliedschaft
  2. Demokratische Verwaltung
    (eine Stimme je Mitglied)
  3. Rückvergütung des Überschusses an die Mitglieder nach Maßgabe ihrer Beteiligung am Geschäftsverkehr der Genossenschaft
  4. Beschränkung der Kapitalverzinsung
  5. Politische und religiöse Neutralität
  6. Barzahlung
  7. Förderung des Erziehungswesens

In der Fassung von 1966 (23. Internationaler Genossenschaftskongress in Wien):

  1. Die Mitgliedschaft einer Genossenschaft sollte freiwillig sein. Sie sollte ohne künstliche Beschränkungen, ohne soziale, politische oder religiöse Diskriminierung allen Menschen offenstehen, die die Dienste der Genossenschaft in Anspruch nehmen können und bereit sind, die mit der Mitgliedschaft verbundenen Pflichten auf sich zu nehmen.
  2. Genossenschaften sind demokratische Organisationen. Die Mitglieder sollten gleiches Stimmrecht (ein Mitglied - eine Stimme) und gleiche Rechte haben.
  3. Das Anteilkapital sollte, wenn überhaupt, dann nur zu einem eng begrenzten Satz verzinst werden.
  4. Etwaige Überschüsse oder Ersparnisse aus dem Geschäftsbetrieb einer Genossenschaft gehören den Mitgliedern und sollten so verteilt werden, dass kein Mitglied auf Kosten der anderen bevorzugt wird. Der Überschuss könnte auf Beschluss der Mitglieder wie folgt verwandt werden:
  5. Alle Genossenschaften sollten Vorsorge treffen für die Erziehung und Aufklärung ihrer Mitglieder.
  6. Alle genossenschaftlichen Organisationen sollten aktiv mit anderen Genossenschaften auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene zusammenarbeiten.

Geschichte 1863 - 1971

Quelle : E.Hasselmann, Geschichte der Deutschen Konsumgenossenschaften
Frankfurt am Main, 1971

ab 1863
früheste Gründungen im Verband deutscher Consumvereine:
1863: Mainz; 1864: München, Stuttgart; 1865: u.a. Karlsruhe

1868 Vereine mit maximaler Mitgliederzahl
München (1377), Stuttgart (1121), Wien (707), Pforzheim (619), Karlsruhe (458), Esslingen (371)

1899
Gründung der "Produktion" - Eigenproduktion der Konsumvereine
im wesentlichen auf die Bäckerei beschränkt: 71 Konsumvereine haben eigene Bäckereien, nur 3 eine Fleischerei.

1903 - 1913
Ein Jahrzehnt des Aufstieges; für die deutsche Konsumgenossenschaftsbewegung eine Periode der Entfaltung und des Aufblühens, wie sie die Konsumvereine vorher noch nie gekannt und seither nicht wieder erlebt haben.
Die Konsumvereine legten keinen Wert auf Reklame, weil sie sie für überflüssig hielten. In vielen Läden waren die Schaufenster mit Brettern vernagelt und an der Ladentür prangte ein Schild mit der Aufschrift "Verkauf nur an Mitglieder". Was die Lage der Läden angeht, so suchte man sich Lokale aus, für die keine hohe Miete zu zahlen war, und die waren in der Regel klein und lagen in Gassen und Nebenstraßen.
Ausbau der Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Consumvereine (GEG)

1933 - 1945
Ächtung der Konsumgenossenschaften
1933 - Gleichschaltung; das Wort "Konsumgenossenschaft" ist durch "Verbrauchergenossenschft" zu ersetzen.
1941 - Ende der Konsumgenossenschaften

20. Juni 1948 - Währungsreform
entscheidender Wendepunkt in der deutschen Wirtschaftsgeschichte nach dem zweiten Weltkrieg. Mit ihre begann der schnelle Wiederaufstieg der westdeutschen Wirtschaft, das "deutsche Wirtschaftswunder".

ab 1950
wurden die ersten Selbstbedienungtsläden eröffnet.
Im selbständigen Lebensmittel-Einzelhandel erfolgte der eigentliche Durchbruch zur Selbstbedienung erst in den Jahren 1958 und 1959, dann allerdings in breiter Front.

1954
Das Rabattgesetz begrenzt die Rückvergütung auf den Rabatthöchstsatz von 3 %. Somit gibt es keinen genossenschaftsmäßigen Ausgleich für den finanziellen Einsatz, der von den Mitgliedern verlangt werden muß.

1954
Außer den Gemischwarenläden besaßen die Konsumgenossenschaften eine große Anzahl von Spezialläden (Fleischaren, Backwaren).

1960
von den 9638 konsumgenossenschaftliche Läden waren 9575 Lebensmittelläden (4202 Normalbedienung, 2865 Schnellbedienung, 2107 Selbstbedienung).
Vom Jahr 1960 an standen die Konsumgenossenschaften in einem harten Kampf um ihre Marktanteile. Die Mitgliederbewegung zeigt ein ähnliches Bild wie die Umsatzentwicklung. Der jährliche Mitgliederzuwachs wurde von Jahr zu Jahr geringer: im Jahr 1955 waren es noch 103900, im Jahr 1960 nur noch 29000.
Die Umsätze der Konsumgenossenschaften stiegen langsamer als in den 50er Jahren, langsamer als die ihrer Hauptkonkurrenten, der Filialbetriebe, lange Zeit auch langsamer als die Umsätze des Lebensmittel-Einzelhandels im ganzen.
Konkurenzkampf zwischen den bedarfswirtschaftlich arbeitenden Konsumgenossenschaften und dem erwerbswirschaftlich orientierten Einzelhandel.

1969
Viele Konsumgenossenschaften taufen sich um in coop-Genossenschaften. Erste coop-Warenhäuser "Plaza".

Diagramm der Entwicklung von 1948 bis 1970
Quelle : E. Hasselmann, Tabelle VII

Deutlich ist der stetige Anstieg bis 1960. Darnach fällt die Anzahl der Mitglieder leicht, die der Läden deutlich. Der Umsatz steigt jedoch weiter an.


Chronik
des Zentralverbandes deutscher Konsumgenossenschaften e.V. - Hamburg 2003
150 Jahre - Konsumgenossenschaften in Deutschland
100 Jahre - Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften e.V.
Chronik als pdf-Datei (1.7 MB)


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zuletzt geändert am 28.12.2016
von Klaus Horn | k-r-horn BEI t-online.de