Geschichtswerkstatt

Betriebs-Chronik - 36

Volksbank

Badener Straße 5


Wirken für Handel, Handwerk und Industrie

Die Frage nach dem Gründungstag der Volksbank Durlach läßt sich nicht einfach beantworten. Am 18. Juni 1877 trafen sich auf Veranlassung des Gaswerkdirektors Straub, Männer mit dem Ziel, der Gründung einer Volksbank. Eine noch vorhandene Liste trägt den Vermerk: „Der Gründung zu einer Durlacher Volksbank (eingetr. Genossenschaft) treten bei: Durlach, 18. Juni 1877." Unter diesem handgeschriebenen Kopf folgten die Namen von 52 Personen, und von Hand vermerkt: „Vorsitzender Straub." Am 28. Juli 1877 trifft man sich erneut. Ordnungsgemäß werden Vorstand und Aufsichtsrat in geheimer Wahl gewählt, nachdem vorher beschlossen wurde, die Satzung des Vorschußvereins Gernsbach als Grundlage zu benutzen.

Durch Anzeige im Durlacher Wochenblatt macht die Volksbank selbst bekannt, daß sie den Geschäftsbetrieb am 18. September 1877 aufnehme. Das Kontor sei in der Hauptstraße 45 und geöffnet Dienstag und Freitag von 2-5 Uhr nachmittags. Beitrittserklärungen würden jederzeit entgegengenommen. Die Führung der Bank erfolgte nebenamtlich durch den Kassier, und das Kontor wurde jeweils in dessen Haus betrieben. Am 22. 9. 1877 tagten Vorstand und Aufsichtsrat das erste Mal. Sie beschlossen über 18 Aufnahmeanträge mit dem schönen Satz: „Die Bittsteller wurden einstimmig als Mitglieder aufgenommen." Genehmigt wurde noch die Anschaffung eines Kassenschrankes, der dann offensichtlich bis zum Einzug in das eigene Haus gedient hat.

Aus heutiger Sicht ist es bemerkenswert, daß ein Geschäftsanteil von 500,- M aufzubringen war. Hinzu kamen 5,- M Eintrittsgeld und 50 Pfg. für das Einlagebuch. Der für damalige Verhältnisse hohe Geschäftsanteil konnte in monatlichen Raten einbezahlt werden. Sicher war es gerade dieser hohe Geschäftsanteil, der die Bank sehr früh auf eine gesunde Eigenkapitalbasis stellte und ihr den geschäftlichen Aufstieg ermöglichte. Der Betrag von 500,- M schreckte jedoch nur wenige. In jeder Sitzung mußten sich Vorstand und Aufsichtsrat mit Neuaufnahmen befassen. Fast auf den Tag genau fünf Jahre nach der Gründung der Bank wurde am 22. Juli 1882 das 333. Mitglied registriert.

Zu Beginn der Geschäftstätigkeit waren Kredite und Geldeinlagen auf bescheidene Größenordnungen beschränkt. Doch schon bald wird man mutiger, was die Höhe des Engagements betrifft. Bereits am 12. 11. 1881 wird ein Kontokorrentkredit über 20000 M an einen Bierbrauer eingeräumt und am 12. 8. 1882 ein ein solcher über zusammen 40 000 M an einen Bäcker. Für damalige Verhältnisse waren dies beachtliche Beträge, zumal die Bank ja erst wenige Jahre bestand. Ausgang des 19. Jahrhunderts ist die Volksbank Durlach eines der wichtigsten Geldinstitute des Raumes. Um 1890 wird das Geschäft in beachtlichem Umfang betrieben mit allen bankmäßigen Sparten wie Wechseldiskontierungen, An- und Verkäufen von Aktien, Pfandbriefen und Effekten.

1906, als die Volksbank in ihr 30. Jahr geht, hat die Bilanz die Millionengrenze übersprungen. Die Kriegsereignisse des Jahres 1914 machen sich bemerkbar. Mitarbeiter werden zum Kriegsdienst eingezogen, und der Personalbestand wird knapp. Die Bank spürt überall, daß die Zeiten unnormal geworden sind.

Die galoppierende Inflation des Jahres 1923 schlägt sich in den Protokollen der Bank nieder. Im Mai 1923 wird ein Kredit in Höhe von 500000 M an einen Schreinermeister genehmigt und eine Einbruchsversicherung über 32,5 Mio. M abgeschlossen. Diese schwierige Zeit ist zugleich aber auch eine Zeit des Fortschrittes, dem sich de Volksbank nicht verschließt. Zu Beginn des Jahres 1929 wird die Maschinenbuchhaltung eingeführt. Neue Buchungs- und Rechenmaschinen halten Einzug in der Bank. Der zweite Weltkrieg bringt für die Bank noch härtere Zeiten als dies bereits der erste Weltkrieg getan hatte. Bis auf die Vorstandsmitglieder sind die männlichen Mitarbeiter fast alle eingezogen. Frauen müssen die Aufgaben übernehmen. Die flüssigen Mittel (werden) nehmen ständig zu, während praktisch keinerlei Kreditbedarf vorhanden ist. Die Gelder werden in Papieren angelegt wie Obligationen, Schatzwechsel und Staatsanleihen. In der Nacht vom 24. auf den 25. April 1944 wird das benachbarte Gebäude der AOK schwer getroffen. Das Bankgebäude erleidet dabei so schwere Schäden, daß ein Weiterführen der Geschäfte erst nach notdürftigen Reparaturen möglich ist. Vom 27. 4. bis zum 12. 5. läuft der Bankbetrieb in den Räumen des Badenwerkes in Durlach weiter. Trotz aller Erschwernisse geht das tägliche Leben seinen Gang.

Nach dem Krieg kann von einem geregelten Bankbetrieb zunächst kaum die Rede sein. Die Wirtschaft liegt darnieder. Für Geld gibt es praktisch nichts zu kaufen, und damit sinkt der Kreditbedarf auf nahezu Null ab. Nur allmählich kommt das wirtschaftliche Leben wieder in Gang. Doch nach der Währungsreform im Juni 1948 ändert sich die Situation mit einem Schlag. Die Menschen fassen wieder Mut und Vertrauen, Kreditbedarf entsteht, und mit der Wirtschaft geht es aufwärts. Am 7. September 1948 findet die erste Generalversammlung nach dem Kriege statt. Ein neuer Aufsichtsrat und ein neuer Vorstand werden gewählt.

Die Bilanzsummen beträgt 1956, im 80. Jahr der Volksbank, rund 7,2 Mio. DM. Der Mitgliederbestand hat 1316 erreicht. Der Umsatz ist auf rd. 228,8 Mio. DM angestiegen. Die Expansion der Bank machte es zwingend nötig, neue größere Räume zu beziehen. Bereits 1959 begann der Bau des neuen Verwaltungsgebäudes. Der Neubau wurde am 15. April 1961 eingeweiht.

1965 überschritt die Mitgliederzahl die Marke 3000. Im 98. Geschäftsjahr der Bank brachte das Jahr 1975 nochmals eine die Bank nicht unwesentlich beeinflussende Entwicklung. Die Raiffeisenbank Turmberg eG mit Sitz in Grötzingen fusionierte zur Volksbank in Durlach mit einer Bilanzsumme von rd. 24 Mio. DM und rd. 1300 Mitgliedern. Mit der Fusion der Raiffeisenbank Turmberg zur Volksbank kam eine Entwicklung zum Abschluß, die 1877 begann, als die Volksbank schon nach wenigen Jahren ihr Arbeitsgebiet abgesteckt hatte. Heute, nach über 100 Jahren Tätigkeit, ist die Volksbank in diesem Gebiet als alleiniges genossenschaftliches Bankinstitut tätig und stärker denn je verankert. Das Vertrauen zufriedener Mitglieder und Kunden konnte der Bank die Stütze geben, die als Grundlage des wirtschaftlichen Aufschwunges unerläßlich war. Der wirtschaftliche Erfolg aber war nie Selbstzweck, sondern diente im Sinne des genossenschaftlichen Förderungsauftrages wiederum den Mitgliedern und Kunden.

Quelle :
Damals und Heute
Eine Präsentation der ältesten Durlacher Fachbetriebe mit über 50jährigem Bestehen.
Sonderausgabe der Turmberg-Rundschau vom 23.09.1981
(Sammlung Raviol)


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zuletzt bearbeitet von Klaus Horn am 16.06.2017 | k-r-horn BEI t-online.de