Geschichtswerkstatt

Betriebs-Chronik - 09

Firma Druckerei Josef Widmann in der Mittelstraße 8

Die seit 1836 bestehende Druckerei J.Müller wurde vom Großvater Josef Clemens Widmann 1913 übernommen. Seit 1948 war der Vater Kuno Widmann Betriebsinhaber, seit ??? Günter Widmann.

Seit ??? trägt die Firma den Namen "print-park". Sie wirbt mit Komplett-Angeboten im Offset- und Digitaldruck.

Die Entwicklung der Druckerei Widmann zeigt die rasante Entwicklung der Drucktechnik und der graphischen Industrie in den vergangenen 100 Jahren:

  1. Steindruck:
    am Beginn war der Steindruck (insbesondere für größere Auflagen) die wesentliche Technik
  2. Buchdruck:
    ab 1940 konnten die Heidelberger Druckmaschinen auch für kleinere Betriebe genutzt werden. Für die Kunden in der Region wurden mannigfache wiederkehrende Aufträge durchgeführt:
    Die Buchdrucktechnik erforderte vielfältige Spezialhandwerker:
    Setzer, Korrektor, Drucker, Papierschneider, Buchbinder
  3. Offset-Druck:
    mit entsprechenden Druckmaschinen. Die Anforderungen an die Spezialisten änderten sich vollkommen, was nicht ohne Probleme blieb:
    Texterfassung, Belichtung, Reprofotographie, Lithographie, Monteur der Seiten und Bögen, Kopierer, Drucker, Papierschneider, Buchbinder
  4. Digitaldruck:
    seit 1970; auch diese Technik änderte die Anforderungen an die Mitarbeiter
  5. Drucken im Internet:
    die Möglichkeiten, auch hochwertige Produkte am heimischen PC zu erfassen und zu gestalten und den Druck bei Billiganbietern weltweit zu produzieren, haben die Anforderungen an eine Druckerei nachhaltig modifiziert. Der Schwerpunkt muss jetzt auf der Produktion hochwertiger Produkte sowie auf der umfassenden Kenntnis aller Möglichkeiten der modernen Drucktechnik liegen: so entstehen für den anspruchsvollen Kunden einzigartige Unikate.

03.11.2016 | Günter Widmann
Interviewer : Klaus Horn


Ein Durlacher Traditionsbetrieb in dritter Generation

Seit nahezu 150 Jahren wird im Herzen der Durlacher Innenstadt, in der Mittelstraße 8, gedruckt. Nach drei Vorbesitzern wurde die damalige Steindruckerei 1913 an den Buchdrucker Josef Clemens Widmann verkauft. Der Steindruck, ein künstlerisches Druckverfahren, konnte in den Folgejahren bei einer guten Geschäftsentwicklung nicht mehr für alle Aufträge eingesetzt werden. Die erste Buchdruckmaschine, in der damaligen Zeit eine gewaltige Investition, brachte jedoch Belebung in die Aufträge. Durlacher Handwerksbetriebe, kleine Fabriken und Großindustrie waren bald die Hauptauftragsgeber der Buch- und Steindruckerei Widmann. Ende der 20er Jahre wurde ein respektabler Neubau erstellt, eine richtige kleine Druckfabrik. Große Maschinen mit Transmissionen machten den Druck von Plakaten und Journalblättern möglich. Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Anwesen zwar von Bomben verschont, jedoch konnte der Betrieb, nachdem das Personal eingezogen wurde, noch durch den Inhaber, der mit Hilfskräften arbeitete, aufrecht erhalten werden.

Von drei Söhnen kehrte lediglich der Älteste, Kuno Widmann, aus russischer Gefangenschaft 1948 zurück. Er übernahm wenige Jahre später die Druckerei von seinem Vater und hat in den folgenden Jahren den Betrieb auf eine Größe von mehr als 20 Beschäftigten ausgebaut. Neue Techniken und moderne Maschinen erleichterten bald die Arbeit. Der Bleisatz wurde durch Fotosatz, der Buchdruck durch den Offsetdruck und die Klischees durch andere Druckträger abgelöst.

Günter Widmann, Drucker in dritter Generation, ist nach erfolgreichem Abschluß seiner Ausbildung in in- und ausländischen Betrieben in das väterliche Unternehmen eingetreten. Diese Verstärkung durch ein Familienmitglied führte zur Gründung eines weiteren Unternehmens, einem Dienstleistungsbetrieb für Fotosatz- und Reproduktionsherstellung. Die heutige Firma Fotosatz- und Belichtungszentrum Karlsruhe ist eines der größten Unternehmen seiner Art im gesamten Großraum Karlsruhe. Moderne Studioräume mit Fotosatz und Reproduktionsanlagen haben die ehemalige Setzerwerkstatt abgelöst. Computergesteuerte Bildschirmanlagen ermöglichen die Herstellung von umfangreichen und anspruchsvollen Katalogen. Eine eigene Trickabteilung erlaubt die Herstellung der ausgefallensten Kundenwünsche. Anläßlich des 65. Firmenjubiläums wurde ein 30-Minuten-Tonfilm über Durlach, die Druckerei Widmann und die Schwesterfirma Satzzentrum Karlsruhe gedreht. In diesem Farbfilm wurde erstmals die Arbeit an Druck- und Setzmaschinen, Schneidemaschine und in der Weiterverarbeitung gezeigt. Auf den großen Mehrfarbenmaschinen, die überwiegend zum Druck von Farbprospekten und Katalogen eingesetzt werden, laufen heute täglich nahezu 200000 Drucke. Prospekte in 19 verschiedenen Fremdsprachen werden ständig in der Druckerei hergestellt, wovon 16 Sprachen im eigenen Haus gesetzt werden. Besonderheiten, wie zum Beispiel Bücher in Körperform oder neue Techniken in der Faltschachtelherstellung, sind Aufträge, die auch in Fachkreisen schon einiges Aufsehen erregt haben.

Die Tradition der alten Buchdruckerzunft wird beim Gautschen, der Wassertaufe nach Gutenberg, alljährlich bei den Jung-Gesellen erneut gepflegt.

Überhaupt werden durch die Druckerei Widmann einige recht interessante lokale Veröffentlichungen hergestellt. So z. B. die Broschüre „Durlach und sein Turmberg", eine Kunstmappe mit Stichen von Durlach, „Lauder Letschebacher", der Durlacher Stadtplan oder die seit 3 Jahren erscheinenden Stiche-Kalender von Durlach. Ein neuer großer Farbband sowie ein Farbkalender sind derzeit in Vorbereitung. Das besondere Hobby, alte Stiche von Durlach, das der Geschäftsführer Günter Widmann seit nahezu 10 Jahren betreibt, hat auch der Presse in den vergangenen Jahren öfters die Möglichkeit gegeben, ein seltenes Motiv aus der im Film vorhandenen Sammlung zu veröffentlichen. Im Durlacher Stiche-Kabinett, der jüngsten Tochter des Verlagshauses Widmann, werden seltene echte Stiche wie auch kostengünstige Durlacher Replikate angeboten.

So ist heute die Druckerei Widmann der Tradition verbunden und hat sich gleichzeitig dem Fortschritt verpflichtet.

Quelle :
Damals und Heute
Eine Präsentation der ältesten Durlacher Fachbetriebe mit über 50jährigem Bestehen.
Sonderausgabe der Turmberg-Rundschau vom 23.09.1981
(Sammlung Raviol)


Bilder

Anzeige der Druckerei

Quelle:
Unsere alte Markgrafenstadt Durlach mit ihrem Turmberg
Druck und Verlag : J. Widmann, Durlach
Ostern 1951


zuletzt bearbeitet von Klaus Horn am 17.06.2017 | k-r-horn BEI t-online.de

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